Unter diesem Aspekt stelle ich sehr oft fest, dass es nahezu immer dieselben Fehler sind, die beim ersten Gespräch vonseiten des Inhabers gemacht werden. Um es einmal in einem groben Satz zu
umreißen: Der Verkäufer verliert das alleinige Ziel dieses Gespräches – die Prüfung, ob die Chemie stimmt – vollkommen aus den Augen.
- Anstatt dem Käufer das Wort zu überlassen (wer fragt, der führt!), übernimmt der Verkäufer das Gespräch und redet sich eventuell um Kopf und Kragen.
- Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass Ihr Gesprächspartner in den meisten Fällen auch ein Alpha-Tier ist. Ansonsten wäre er kein Unternehmer – oder einer, der noch Unternehmer werden
will. Dieser Tatsache wird aus Unkenntnis viel zu wenig Bedeutung beigemessen.
- Jeder der Beteiligten will bei einer Verkaufsverhandlung in möglichst kurzer Zeit eine Vielzahl an Informationen sammeln. Diesen Anspruch haben Käufer und Verkäufer gleichermaßen. Soweit die
Theorie. Vielerorts hapert es jedoch an der notwendigen Verhandlungskompetenz.
Bei Gesprächen mit Unternehmern oder Existenzgründern haben sich daher folgende Verhandlungsregeln bewährt:
- Überlassen Sie Ihrem Gesprächspartner das erste Wort. Im Gegensatz zu Ihnen verfügt der Käufer, bedingt durch das Lang-Exposé, über einen höheren Wissensstand. Dieses Manko sollte so schnell
wie möglich ausgeglichen werden.
- Fallen Sie Ihrem Gesprächspartner nicht ins Wort – lassen Sie ihn ausreden. Dieses unsägliche Verhalten, das man aus jeder politischen Talkshow kennt, ist ein absoluter Verhandlungskiller.
- Bilden Sie sich erst dann ein Urteil über Ihren Gesprächspartner, wenn er alle Informationen auf den Tisch gelegt hat.
- Halten Sie sich, soweit es geht, unter Kontrolle. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung und Mimik.
- Die nonverbalen Signale, die Sie senden, empfängt Ihr Gesprächspartner rein intuitiv und damit auf einer sehr brisanten emotionalen Ebene.
- Hüten Sie sich vor voreiligen Sympathiebekundungen! Dieses Verhalten sieht man da sehr häufig, wo eine gleiche Wellenlänge vorhanden ist. Wissenschaftler führen dieses Phänomen auf eine
Übereinstimmung der Spiegelneuronen in unserem Gehirn zurück.
- Trennen Sie Person und Sache voneinander. Dies ist nicht immer leicht, da jede Person stark emotional involviert ist.
- Signalisieren Sie Ihrem Gesprächspartner von Anfang an, dass Sie lösungsorientiert sind.
- Bleiben Sie sachlich und legen Sie Ihren Standpunkt verständlich dar.
- Halten Sie die erste Verhandlungsrunde möglichst klein. Fragen Sie, ob der Kaufinteressent noch mit einer Begleitperson kommt.
- Notieren Sie Einwände des Käufers und gehen Sie darauf ein.
- Sollte während der Verhandlung ein Thema angesprochen werden, bei dem Sie Wissenslücken haben, machen Sie sich eine Notiz und bitten darum, diesen Punkt zu einem späteren Zeitpunkt
detailliert zu besprechen.
- Seien Sie zu Kompromissen bereit. Ohne Kompromiss kein Verkauf. So einfach ist das.
- Seien Sie ehrlich! Jede Unwahrheit wird gnadenlos bestraft.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich vor voreiligen Sympathiebekundungen warnen!
Wenn sowohl Käufer als auch Verkäufer auf der gleichen »Sympathiewelle schweben«, scheint auf den ersten Blick alles in Ordnung zu sein.
Leider ist das Gegenteil oft der Fall. Diese Sympathiewelle baut darauf auf, dass man in allen Fragen der gleichen Meinung ist. Von der Unternehmensführung bis zum Lieblings-Bundesligaverein,
alles ist im grünen Bereich. Man hat ja, ohne es auszusprechen, einen Seelenverwandten getroffen. Was dabei leider nicht berücksichtigt wird: Jede Seelenverwandtschaft hat immer zwei Seiten.
Auf der Pro-Seite führt dies zu einer anfänglich entspannten und freundlichen Gesprächsatmosphäre. Auf der Kontra-Seite führt diese Seelenverwandtschaft bei den kleinsten Unstimmigkeiten zumeist
unüberwindbaren (emotionalen) Diskrepanzen. Die Begründung ist relativ einfach:
- Da dieses Vertrauensverhältnis auf einer rein emotionalen Ebene aufgebaut ist, wird demzufolge auch jede Handlung auf dieser emotionalen Ebene bewertet!
-
Tipp! Respekt – und nicht Sympathie – ist die Grundlage, um auch schwierige Verhandlungsprozesse zu überstehen.
- Ein Zuviel an Nähe ist immer mit einem Verlust an Respekt verbunden.
Darüber muss sich jeder Verkäufer im Klaren sein. Mag der Auslöser für eine Meinungsverschiedenheit im Normalfall als Bagatelle abgetan werden, erlangt er in solch einem Fall eine ganz andere,
persönliche Dimension.
Nachdem ich aufgezählt habe, was Sie als Verkäufer tunlichst vermeiden sollten, kommen wir zum eigentlichen Thema des Erstgespräches: Das Abtasten der Parteien. Zuvor möchte ich Ihnen aber noch
die unterschiedlichen Käufer-Typen beschreiben, die mir in meiner täglichen Praxis immer wieder begegnen.