Das Kaufmotiv des Käufers

Kommen wir zum nächsten Punkt: Dem Kaufmotiv des Käufers.

 

So wie jeder Firmeninhaber ein Motiv hat, seine Firma zu verkaufen, hat auch der Käufer ein Motiv, das ihn antreibt. Es geht daher darum, sich die Sichtweise oder besser gesagt die Entscheidungskriterien des Käufers vor Augen zu führen.

 

Hier gilt die einfache Regel:

 

Kein Mensch kauft sich einen Porsche, nur um Auto zu fahren!

Genauso wenig kauft jemand eine Firma, nur um Geld zu verdienen.

 

Die wahren Motive sind z. B.:

  • Wunsch nach Anerkennung,
  • Macht- und/oder Geltungsbedürfnis
  • sowie das Streben nach Selbstverwirklichung.

Diese Erkenntnis bedeutet: Wenn Sie es schaffen, das Kaufmotiv des Interessenten anzusprechen, erhöhen sich Ihre Erfolgsaussichten um ein Vielfaches. Wenn Sie hingegen das emotionale Kaufmotiv des Käufers nicht ansprechen, sind alle Verhandlungen wertlos! So einfach ist das!

Im Grunde genommen gibt es drei (Haupt-)Motive, die jeden Menschen zu einer Handlung antreiben:

  • Was verschafft mir Macht?
  • Was verschafft mir Sicherheit?
  • Was verschafft mir neue Reize?

Daneben existieren noch die Grundbedürfnisse: Essen, Schlaf und Sex.

 

In der Konsequenz bedeutet das für Sie:

  • Seien Sie sich der emotionalen Brisanz der Kaufverhandlungen bewusst.
  • Es geht nicht ums Geldverdienen. Geldverdienen ist immer das Pseudo-Motiv!
  • Lokalisieren Sie die individuellen Kaufmotive des Käufers.
  • Sprechen Sie das Haupt-Motiv an. Obwohl alle drei Motive (Macht, Sicherheit, Reize) angesprochen werden, gibt es fast immer ein Haupt-Motiv, das den Käufer antreibt.

Ich gehe davon aus, dass Sie ansonsten mit den Ritualen normaler Verkaufsverhandlung vertraut sind.

Bei näherer Betrachtung ist eine Verkaufsverhandlung mit einer Sinuswelle identisch: Nach einem Verhandlungs-Tief folgt ein Verhandlungshoch – oder der Verhandlungsabbruch.Kalkulieren Sie das ein!

 

Wenn Sie bisher alles richtig gemacht haben, dann gibt es keinen triftigen Grund, Ihr Unternehmen unter Wert zu verkaufen.

Im Grunde genommen dreht sich vermeintlich alles nur um eins: den Kaufpreis, was aber – wie wir nun wissen – zweitrangig ist. Was Sie bei der Kaufpreisfindung berücksichtigen sollten:

  • Kalkulieren Sie einen Preispuffer ein. Die Höhe des Puffers sollte unter der Voraussetzung, dass bei Ihnen alles im grünen Bereich ist, maximal 10 % betragen. Ich betone deshalb 10 %, weil jede höhere Prozentzahl Ihr ursprüngliches Preisangebot unseriös aussehen lässt.
  • Ich garantiere Ihnen, dass ein höheres Entgegenkommen weitere Preisverhandlungen nach sich zieht. Auch aus diesem Grund ist eine realistische Einschätzung des Kaufpreises wichtig.
  • Der Käufer muss um den Preisnachlass kämpfen! Eine Preisverhandlung, die aus der Sicht des Käufers zu leicht läuft, weckt augenblicklich Skepsis und führt immer zu weiteren Preisverhandlungen. Sie müssen derjenige sein, der die Preisverhandlungen beendet! Glauben Sie mir, ein freundliches, aber bestimmtes »Nein, jetzt ist Schluss« hat noch keinen ernsthaften Interessenten vom Verhandlungstisch verscheucht. Das Gegenteil ist der Fall!

 

Spezial-Verhandlungstaktiken

Bevor wir uns aber mit dem weiteren Verlauf der Verhandlungen beschäftigen, möchte ich zwei Käufer-Spezies beschreiben, die durch teilweise sehr ungewöhnliche Strategien auffallen.

 

Strategie: »Gut Freund«

Mit dieser Vorgehensweise zielt der Käufer darauf ab, Sie in Sicherheit zu wiegen. Dies bedeutet, es finden nahezu keine Preisverhandlungen statt und überdies: Alles ist easy, kein Problem!

Mit dieser Vorgehensweise erwischt Sie der Käufer mit »voller Breitseite!«

  • Sie sind begeistert von der Person des Käufers »Was für ein toller Typ.«
  • Sie sind glücklich »Ich brauchte überhaupt nicht zu handeln.«
  • Sie planen bereits die Zeit danach »Als Erstes mache ich Urlaub.«

Seien Sie auf der Hut. Dieser Käufertyp plant jeden seiner Schritte.

Er versetzt Sie mit seiner positiven Erscheinungsweise in eine ebenfalls positive Erwartungshaltung. Um fünf vor zwölf – sehr häufig einen (!) Tag vor dem Notartermin – endet dieses freundliche Miteinander, indem er verkündet: »Ich habe mir das Ganze noch einmal überlegt. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, der Preis ist viel zu hoch!«

Sie haben nun zwei Möglichkeiten.

  • 1. Sie brechen die Verhandlungen sofort ab. Ihr Tenor: »Der Typ soll mir nicht mehr unter die Augen kommen.«
  • 2. Sie steigen auf das zweite – viel niedrigere – Angebot ein. Begründung: »Ich habe die Koffer praktisch schon gepackt und habe keine Lust, diesen Prozess noch einmal durchzuziehen.«

Aus der Praxis: Ein Mandant, der nach seinem gescheiterten Erstversuch im zweiten Anlauf meine Hilfe in Anspruch genommen hatte, berichtete mir, dass der Käufer beim Notartermin aus heiterem Himmel den Preis ohne Angabe von Gründen um die Hälfte senken wollte!

 

Mein Mandant brach daraufhin die Verhandlungen ab.Wenn jemand ohne (ernsthafte) Preisverhandlungen Ihre Preisvorstellung akzeptiert und auch ansonsten alles im Lot ist, dann rate ich zur Vorsicht. In solch einem Fall empfehle ich einen Vorvertrag.

  • In diesem Vertrag müssen alle relevanten Daten erfasst sein. Zum Beispiel, dass der Kaufpreis an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, die Käufer und Verkäufer gemeinsam erarbeiten.
  • Dafür wird dem Käufer ein zeitlich befristetes Vorkaufsrecht eingeräumt.
  • Als Gegenleistung verpflichtet sich der Käufer zu einer Vertragsstrafe, falls er das Unternehmen nicht kauft! 

Strategie: »Ein Versuch ist nicht strafbar.«

Kommen wir nun zum zweiten Ausnahme-Käufer-Typ.

Sie können hier folgendes Muster beobachten: Der Kaufinteressent bringt zu dem vereinbarten zweiten Termin einen guten Bekannten, Mitarbeiter oder Berater mit, der über profunde Kenntnisse verfügt, wenn es um Firmenbewertungen geht.

 

Nach dem üblichen Begrüßungsritual übernimmt der gute Bekannte die Gesprächsführung und kommt unmittelbar auf den Punkt: den Kaufpreis. Also kein Vorgeplänkel, sondern sofort Frontalangriff!

Meistens erfolgt dieses Gespräch nach folgendem Muster:

  • »Also, ich habe mir Ihre Zahlen angesehen.«
  • »Und?«
  • »Der Preis, den Sie für Ihre Firma haben wollen, ist viel zu hoch.«
  • »Wie begründen Sie das?«
  • »Es gibt extrem viele Unwägbarkeiten, die ein großes Risiko darstellen. Aus diesem Grund ist der Kaufpreis in der Höhe nicht darstellbar.
  • Wenn ich an der Stelle meines Freundes (des Käufers) wäre, würde ich maximal die Hälfte des Preises bezahlen.«
  • »Das kommt überhaupt nicht infrage!«

Soweit die Kurzbeschreibung dieser Taktik.

Wir haben es hier im Grunde genommen mit einer Variante des Spiels »good boy – bad boy« zu tun.

 

Der (gute) Käufer wäscht seine Hände in Unschuld, indem er den (bösen) Freund als Vorgruppe auf die Verhandlungsbühne schickt.

Diese Strategie verfolgt zwei Ziele:

  1. Der Käufer will – aus seiner Sicht verständlich – den geringstmöglichen Preis bezahlen und sehen, wie Sie auf diese Finte reagieren. Im günstigsten Fall kommt er mit dieser Taktik durch!
  2. Mit der Nennung eines niedrigen Preises setzt der Käufer einen (niedrigen!) Preisanker beim Verkäufer. Demzufolge wird der Firmeninhaber jede Preiserhöhung – und sei sie auch noch so gering – als eine Verbesserung ansehen.

Wie Sie erkennen können, hat dieses Vorgehen für den Käufer nur Vorteile.

Aber auch hier haben Sie zwei Möglichkeiten, wie Sie reagieren können:

  1. Ihr Blutdruck geht durch die Decke und Sie brechen die Verhandlungen sofort ab.
  2. Sie bleiben gelassen und geben Ihrem Gesprächspartner zu verstehen, dass Sie seiner Einschätzung nicht folgen können.

Was dann passiert ist in vielen Fällen eine Argumentation, die nicht auf Fakten aufbaut, sondern auf Vermutungen. Es werden z. B. Horrorszenarien aufgezählt, die mit der Realität nichts zu tun haben (»Und wenn morgen 50 % aller Kunden wegbrechen?«).

  • Diese Diskussion können Sie schnell beenden, indem Sie auf diese Argumente überhaupt nicht eingehen und stattdessen die Verhandlungen als beendet erklären.
  • Spätestens jetzt meldet sich auch wieder der Käufer zu Wort. In 99 % aller Fälle folgt dann der Satz »Sie müssen auch für meine Situation Verständnis haben, aber lassen Sie uns über das Ganze noch einmal reden.«

Der Versuch, den Kaufpreis um die Hälfte zu senken, ist nicht strafbar. Sie würden vielleicht genau so handeln.

Zeigen Sie Profil. Je gelassener Sie darauf reagieren, desto stärker wird Ihre Position! Als Zeitfenster für den zweiten Termin sollten Sie 4 – 5 Stunden einplanen.

Bitte bedenken Sie: Ein Gespräch über diesen Zeitraum ist Schwerstarbeit. Ihre volle Konzentration ist für solch ein Gespräch die Grundvoraussetzung. Sollten Sie also angeschlagen sein, z. B. durch eine Erkältung, verschieben Sie den Termin.

 

Der Teufel steckt im Detail

Fassen wir noch einmal zusammen. Die bisherigen Verhandlungen zeigen, dass der Kaufinteressent weiterhin an einem Kauf Ihrer Firma interessiert ist!

 

Die Absichtserklärung (LOI – Letter of intent)

Wenn sich an dieser Stelle Verkäufer und Käufer weitestgehend einig sind, wird sehr häufig eine Absichtserklärung vereinbart. In Fachkreisen spricht man von einem LOI, einem Letter of intent.

Zuerst das Negative: Die Absichtserklärung ist rechtlich unverbindlich!

 

Die Parteien werden sich aber durch ihre Unterschrift unter solch einem Dokument der Bedeutung der Transaktion viel bewusster.

Eine Kaufabsichtserklärung kann z. B. folgende Punkte enthalten:

  • eine Exklusivitätsklausel für den Käufer
  • Zusammenfassung der Gesprächsergebnisse
  • Nennung und Zeiterfassung für die noch zu beantwortenden Punkte
  • Herausgabe von Dokumenten, die bisher nur anonymisiert vorlagen
  • Beendigungsgründe für die laufenden Verhandlungen

Wichtig! Ein LOI ist eine Art Verlobung. Aber es ist wie im richtigen Leben, ob es zu einer Hochzeit kommt, steht noch nicht fest!

 

Damit der Käufer nun auf die Zielgerade einbiegen kann, will er die bisher gemachten Aussagen prüfen und bewerten. Nun, was heißt das? Prüfen und bewerten bedeutet nichts anderes, als dass jetzt zu allen Punkten, wie sie im LOI verfasst wurden, belastbare Unterlagen auf den Tisch kommen. Der Kaufinteressent möchte Ihre Firma live kennenlernen. Konkret: Er verlangt unter Umständen den Einblick in Ihr Tagesgeschäft.

Stichwort: Transparenz!

Für dieses Prozedere gibt es wieder zwei Möglichkeiten der Umsetzung:

  • 1. Sie teilen Ihren Mitarbeitern mit, dass Sie Ihre Firma verkaufen wollen und präsentieren den Interessenten schon als Käufer. Risiko: Was machen Sie, wenn der Kauf, aus welchen Gründen auch immer, doch nicht stattfindet?
  • 2. Da Sie keine unkalkulierbare Stimmung in Ihrer Belegschaft haben wollen, präsentieren Sie den Kaufinteressenten als Unternehmensberater.

Risiko: Sie, wie auch der Kaufinteressent, müssen sich zu jeder Zeit dieser Rolle bewusst sein. Gelangt ein falsches Wort zum falschen Zeitpunkt in das falsche Ohr, kann das ungeahnte Folgen haben.

 

Beschäftigen wir uns nun mit der Endphase (in Fachkreisen spricht man von der von mir bereits angesprochenen Due-Diligence-Prüfung).

 

Jeder Käufer, der bis hierher gekommen ist, will nun Einsicht in alle Geschäftsbereiche, die von Relevanz sind. Dies schließt z. B. ein, dass Sie alle bisher anonymisierten Unterlagen mit Ross und Reiter benennen müssen, wie z. B.:

  • detaillierte Umsatz- und Ertragszahlen Ihrer Kunden
  • detaillierte Umsatzentwicklung Ihrer Lieferanten
  • eine namentliche Mitarbeiterliste
  • bei Kapitalgesellschaften: Einsicht in die Gesellschafter- und Darlehnsverträge
  • bei Vermietung: Kopie des Mietvertrages
  • Zeitwert des Anlagevermögens
  • Auflistung des Fuhrparks (Alter, km-Leistung, Verkehrswert)
  • aktuelle Waren-/Lagerbestandsliste
  • bei Immobilienverkauf: ein aktuelles Wertgutachten
  • Kopien von Service-, Lieferanten- und Leasingverträgen

 

Aus der Sichtung der Unterlagen wird sich für den Käufer die eine oder andere Frage auftun. Bei größeren Transaktionen ist es üblich, dass der Käufer diese Aufgabe von einem Spezialisten vornehmen lässt.

 

Ich erlebe es immer wieder, dass an dieser Stelle die Geduld des Verkäufers strapaziert wird und er teilweise konsterniert die Ernsthaftigkeit des Käufers infrage stellt. Getreu dem Motto: »Darüber haben wir doch schon wiederholt gesprochen.« In dieser Situation sollten Sie sich folgende Tatsachen vor Augen halten: Behandeln Sie den Käufer und das von ihm aufgezeigte Problem getrennt voneinander.

 

Fakt ist: Der Kaufinteressent, der bis hierher gekommen ist, will Ihre Firma kaufen. Das von Ihnen als Problem geäußerte Verhalten (das haben wir doch schon alles geklärt) beruht auf Ihren subjektiven und emotionalen Einschätzungen, die – und das muss Ihnen klar sein – für den Käufer irrelevant sind. Aus dieser Tatsache leitet sich der nächste Punkt ab.

 

Konzentrieren Sie sich auf gemeinsame Interessen und nicht auf unterschiedliche Positionen.

Da das gemeinsame Ziel eine reibungslose Firmenübergabe ist, sollten Sie alles diesem Ziel unterordnen. Konkret: Wenn der Käufer noch Fragen hat, beantworten Sie die Fragen einfach, ohne zu lamentieren. Jede Diskussion um Positionen, die Sie jetzt führen, gefährdet Ihren Erfolg.