5.1 - Das Käuferklientel und deren Typ-Beschreibung

Hier finden Sie eine Beschreibung des Käuferklientels das für kleine und mittelständische Unternehmen infrage kommt.

 

Investoren

Zu dieser Gruppe zählen alle Gesellschaften, die ein Unternehmen als reine Geldanlage kaufen. Neben der Fokussierung auf einzelne Branchen gibt es darüber hinaus auch unterschiedliche Beteiligungs- beziehungsweise Übernahmemodelle. Einige Gesellschaften installieren ein eigenes Management, um das Unternehmen zu 100 % in Eigenregie zu leiten.

 

Dies ist insbesondere bei Sanierungsobjekten der Fall. Andere Finanzierungsgesellschaften wollen hingegen mit dem operativen Geschäft nichts zu tun haben, außer dass man die Richtung mitbestimmt und das Controlling übernimmt.

 

Ernsthafte Gespräche mit diesen Gesellschaften sind nur dann sinnvoll, wenn Ihr Unternehmen gewisse Voraussetzungen erfüllt.

Diese Voraussetzungen sind:

  • Umsatz: ab 10 Mio., besser 20 Mio. und höher. Mittlerweile gibt es eine kleine Anzahl von Investoren, die schon ab 5 Mio. einsteigen.
  • Ebit (Gewinn vor Zinsen und Steuern): ab 10 %, besser 15-20 %. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern muss deshalb so hoch sein, weil der Investor das eingesetzte Kapital (plus Zinsen) in der Regel innerhalb von 5 bis 7 Jahren wieder auf seinem Konto haben will! 
  • Das Prüfungsverfahren dieser Gesellschaften ist strukturiert und wird vorgegeben.
  • Von 100 Anfragen werden 75 sofort abgelehnt.
  • Weitere 20 Anfragen fallen bei der zweiten Prüfung durch das Raster.
  • Bei den verbleibenden fünf Anfragen wird eine umfangreiche Due-Diligence-Prüfung (Unternehmensbewertung) vorgenommen, die dann bei einem (!) Unternehmen erfolgreich abgeschlossen wird.

Strategische Käufer

In der nächsten Gruppe – die ich als strategische Käufer bezeichne – finden Sie den klassischen Mittelständler, der aus Gründen der Expansion ein Unternehmen kaufen will. Bei dieser Käufergruppe spielen neben den finanziellen Kennzahlen auch Synergieeffekte eine zentrale Rolle.

 

Existenzgründer

Zu guter Letzt kommt die große Gruppe der Existenzgründer. Hier tummelt sich alles, vom Geschäftsführer, der seinen Traum von Unternehmertum wahrmachen will, bis zum millionenschweren Privatier. In keiner Gruppe ist das Anspruchsdenken so unterschiedlich.

 

Zu dieser Gruppe gehören auch die eigenen Mitarbeiter! Sie sollten sich nur vor Augen halten: Ein qualifizierter Mitarbeiter ist noch lange kein guter Unternehmer. Das sollten Sie, falls Sie mit dem Gedanken spielen, Ihre Firma an einen Mitarbeiter zu übergeben, mit in Ihre Überlegungen einbeziehen.

 

Kommen wir zum nächsten Schritt. Die erste Aufgabe besteht darin, relativ schnell die Spreu vom Weizen zu trennen.

Ich habe hier ein einfaches Selektionsverfahren entwickelt, das ich jedem empfehlen kann.

Das Ganze trägt die Überschrift: Schaffen Sie Fakten!

  1. Während des ersten Kontaktgespräches mit einem Kaufinteressenten nenne ich die Kaufpreisvorstellung.
  2. Ich frage nach der Höhe des vorhandenen Eigenkapitals.

Anhand des Eigenkapitals (möglichst nachgewiesen) trennt sich die Spreu vom Weizen sehr schnell.

Auch hier stellen wir teilweise das gleiche Phänomen fest wie auf der Verkäuferseite: Unwissenheit darüber, welche Bedingungen – in dem Fall von einem Käufer – zu erbringen sind.

 

Eigenkapital versus Kaufpreis versus Einkommen

Ein Beispiel: Ein leitender Angestellter, nennen wir ihn Herrn M., sucht den Weg in die Selbstständigkeit. Sein bisheriger Bruttolohn lag inklusiv aller Prämien und Sondervergütungen (Firmen-Pkw) bei ca. 100.000 € pro Jahr.

  1. Herr M. möchte eine Firma kaufen, die zwei Bedingungen erfüllen sollte: »Die Arbeit muss eine Herausforderung sein und mir Spaß machen« und
  2. »Ich will mittelfristig dasselbe Einkommen haben wie auf meiner jetzigen Stelle«.

Nun schauen wir einmal, ob dieser Wunsch zu realisieren ist.Fangen wir mit dem Eigenkapital an: Das Eigenkapital setzt sich aus einem Bankguthaben (25.000 €) und einem Aktienpaket (25.000 €) zusammen.

Hier eine einfache Beispielberechnung:

  • Einkommens-Anforderungsprofil an das Zielunternehmen:100.000 €
  • Kaufpreis eines Unternehmens, welches einen Gewinn von 100.000 € vor Steuern und Zinsen ausweist. (Faktor > 4 x Gewinn vor Steuern und Zinsen) 400.000 €
  • Erforderliche Eigenkapitalquote (20 %): 80.000 €
  • Vorhandenes Eigenkapital: 50.000 €
  • Eigenkapital-Differenz: 30.000 €

Fazit: Das vorhandene Eigenkapital reicht nicht aus, um das Einkommens-Anforderungsprofil von Herrn M. zu erfüllen.

 

Eine Gegenrechnung:

  • Eigenkapital: 50.000 €
  • Kaufpreis bei 20 % Eigenkapital: (4 x 65.000 €) 250.000 €
  • Gewinn des Unternehmers (vor Zinsen + Steuern) ca. 65.000 €
  • Einkommens-Differenz: 35.000 €
  • Anhand der 20 %-Eigenkapitalquote kann ein Käufer einen Kaufpreiskorridor im Vorfeld berechnen. Vom Kaufpreis kann dann wiederum auf den Gewinn abgeleitet werden. (Formel: 4 x Jahresgewinn vor Steuer und Zinsen).

Mithilfe dieser einfachen Formel kann sich sowohl der Käufer als auch der Verkäufer im Vorfeld seine Erfolgschancen ausrechnen.

Wichtig!

  • Es gibt Fälle, in denen trotz einer niedrigen Eigenkapitalquote eine Finanzierung über die Bürgschaftsbank geregelt werden kann. Dies setzt aber voraus, dass der Kauf interessant über sehr gute Branchenkenntnisse verfügt.
  • Die hier genannte Formel – 4 x Jahresgewinn vor Steuer und Zinsen = Kaufpreis – ist ein Erfahrungswert, der sowohl nach unten als auch nach oben variieren kann!
  • Die Bandbreite des Ebit-Multiplikators ist branchenabhängig und liegt bei kleinen und mittelständischen Unternehmen zwischen dem Faktor 3 bis 7.

 

Käufer-Typ-Beschreibung

 

Typ – »Der Sympathieträger« – oder – »Alles kein Problem!«

  • Diesen Typ eines Kaufinteressenten finden Sie sehr häufig bei Existenzgründern. Ich bin immer wieder fasziniert, welch positive Ausstrahlung dieser Käufertyp hat. Offen, freundlich und zuvorkommend, das sind Attribute, die diesen Typ auszeichnen. Man hat es im Grunde genommen mit einem Menschen zu tun, für den es keine Probleme gibt.
  • Dieser Typ interessiert sich gleichzeitig für die unterschiedlichsten Unternehmensformen. Es gibt nahezu keine Einschränkungen, solange das Unternehmen z. B. eventuell irgendetwas mit Vertrieb zu tun hat.
  • Erkennungsmerkmal: Der Lebenslauf zeichnet sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher beruflicher Tätigkeiten aus. Sehr häufig sind diese Tätigkeiten im Vertrieb angesiedelt. Ist der Firmeninhaber ebenfalls sehr »vertriebslastig«, kommt es hier sehr schnell zu einer Verbrüderung, die dazu führt, dass der Verkäufer überzeugt ist, »das ist der richtige Mann (Frau) für meine Firma!«
  • Kritische Fragen werden von diesem Käufertyp kaum gestellt beziehungsweise er hat, sollte es doch ein Problem geben, sofort eine Lösung parat! Diese sehr sympathischen Menschen versprühen eine Aura der Zuversicht, die aber, und jetzt kommt das eigentliche Problem, nicht lange anhält. Die anfängliche Euphorie verfliegt genau so schnell, wie sie gekommen ist.
  • Sollte Ihnen also ein Kaufinteressent gegenübersitzen, für den alles kein Problem darstellt, rate ich zur absoluten Vorsicht! Lassen Sie sich auf der emotionalen Ebene nicht zu sehr von Ihren positiven Gefühlen leiten.
  • Führen Sie die Verhandlungen sehr stringent und seien Sie kritisch. Die Vita des Interessenten kann hier schnell Aufschluss geben.

 

Typ - »Der Furchtsame« – oder – »Risiko, nein danke!«

  • Dieser sehr introvertierte Käufertyp, der durch seine reservierte und zurückhaltende Körpersprache auffällt, steht sich quasi selber im Weg.
  • Hier wird der Wille »Ich will eine Firma kaufen« von der eigenen übervorsichtigen Lebensweise konterkariert. Hinter jeder Hecke wird ein Schütze vermutet. Diesen Käufertypen findet man sowohl bei der Gruppe der Existenzgründer als auch bei der Gruppe der strategischen Käufer.
  • Sollte es sich um einen Unternehmer handeln, kann dieser durchaus sehr erfolgreich sein. Im Prinzip geht es diesem Typ nur um eins: Bewahre das Vorhandene.
  • Oder anders ausgedrückt: Sie haben es hier mit einem Menschen zu tun, »der duschen will, aber dabei nicht nass werden möchte.« Mit solch einem Käufer einen Unternehmensverkauf zu gestalten, ist gelinde gesagt eine sportliche Herausforderung allerhöchster Güte. Sollte also Ihr Gegenüber jeden zweiten Satz mit »ja, aber« oder »was ist, wenn« anfangen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie es mit einem ängstlichen Käufertyp zu tun haben.
  • Die Grundvoraussetzung, hier erfolgreich zu sein, besteht darin, auf der emotionalen Ebene ein gehobenes Maß an Geduld mitzubringen. Auf der Verhandlungsebene ist Offenheit und Transparenz oberstes Gebot.

 

Typ – »Der Macher« – oder – »Alles hört auf mein Kommando!«

  • Unter den strategischen Käufern (Unternehmern) ist dieser Käufertyp sehr stark verbreitet. Sie haben es hier mit einem Menschen zu tun, der weiß, was er will. Da viele Unternehmer auch zu diesem Typus gehören (Macher trifft auf Macher), gibt es einige Besonderheiten, die Sie beachten sollten.
  • Das fängt schon beim Begrüßungsritual an. Der Händedruck ist fest und der Augenkontakt wird gehalten. Einem geübten Außenstehenden wird sofort klar: Wer jetzt wegguckt, der hat die erste Runde verloren.
  • Hier kann es sehr schnell zu einer Eskalation in der Verhandlungsführung kommen. Dies liegt daran, dass jeder der Gesprächspartner dem anderen zeigen will, »dass er der Herr im Ring ist«.
  • Sollte der Käufer das Gefühl bekommen »Sie sind kein Gesprächspartner auf Augenhöhe«, kann man die Verhandlungen im Grunde genommen sofort beenden. Demzufolge klärt sich schon im ersten Gespräch, wo die Reise hingeht.
  • Tatsache ist aber auch: Sind die Fronten einmal geklärt und man redet auf Augenhöhe, haben Sie es in den meisten Fällen mit einem kompetenten Gesprächspartner zu tun.
  • Fazit: Auf der emotionalen Ebene stellt dieser Käufertyp die größte Herausforderung dar. Lassen Sie sich nicht von Ihren Emotionen leiten, indem Sie jeden Fehdehandschuh aufnehmen. Zeigen Sie, dass Sie ein gleichstarker Partner sind. Diese geistige Haltung müssen Sie dann nur noch in eine konstruktive Verhandlungsführung umsetzen, wobei das Hauptaugenmerk darauf liegen sollte, dass Ihr Gesprächspartner immer sein Gesicht wahren kann.

 

Typ - »Der Stratege« – oder – »Der Wolf im Schafspelz«

  • Der Stratege ist entweder ein gestandener und erfolgreicher Geschäftsmann oder ein Existenzgründer, der in verantwortlicher gehobener Position arbeitet. Sein Erscheinungsbild ist eloquent, seriös und von einer freundschaftlichen Distanz geprägt.
  • Er ist ein professioneller Zuhörer, der seinem Gesprächspartner kaum ins Wort fällt. Warum auch, erfährt er so doch die meisten Dinge, die für ihn von Relevanz sind. Darüber hinaus versteht der Stratege es meisterhaft, seinem Gesprächspartner ein Gefühl der Anteilnahme zu vermitteln. Dieses Verhalten kann man daran erkennen, dass er den Verkäufer mit Suggestivfragen konfrontiert »Geht es Ihnen auch so, dass Sie kaum Urlaub machen können?« Ein »Ja, mir geht es genauso« wird dann mit einem freundlichen Lächeln quittiert, aber intern einer gnadenlosen Bewertung unterzogen.
  • In solch einem Fall z. B. würde diese Aussage eventuell zu der Bewertung führen, dass »ohne den Inhaber nichts geht« und damit den Verkauf der Firma erschweren. Eins muss natürlich auch gesagt werden, von allen Käufertypen ist der Stratege der professionellste Kandidat. Er wird nicht lange um den heißen Brei herumreden, sondern kommt unmittelbar auf den Punkt des Geschehens. Emotional bedeutet das für Sie, dass Sie sich von dieser freundlichen Einlull-Strategie nicht täuschen lassen dürfen.
  • Ansonsten ist der Stratege ein Gesprächspartner, der Ihnen im Nachgang des Gesprächs offen und ehrlich seine Einschätzung mitteilt.

 

Typ - »Der Schulmeister« – oder – »Ich weiß alles besser!«

  • Der Typ Schulmeister ist der Käufer, vor dem Sie jeder Berater warnen wird. Warum ist das so, werden Sie vielleicht fragen. Nun, wir haben es hier mit der seltenen Spezies von Käufer zu tun, die im Grund nichts Besseres zu tun hat, als jedem Unternehmer oder Berater in Deutschland klarzumachen, dass der Verkaufspreis total überzogen ist und gleichzeitig einen Erguss von Erklärungen folgen lässt, in dem er beschreibt, wie man es denn besser machen könnte.
  • Zum Glück kann man diesen Käufertyp anhand seiner voreingenommenen Kritik sehr gut identifizieren. Sollte Ihnen also jemand, ohne dass er auch nur eine Zahl aus Ihrem Unternehmen kennt, unterstellen, dass Ihre Preisvorstellung viel zu hoch ist, schlage ich vor – legen Sie einfach auf.
  • Ich kann aber alle Verkäufer dahingehend beruhigen, dass diese Spezies zum Glück sehr selten ist.

 

Fazit: Die hier aufgeführten Typ-Beschreibungen sind ein grobes Raster, anhand dessen Sie sich auf Ihren Gesprächspartner einstellen können. In der Praxis finden Sie auch Mischformen der einzelnen Typen wie z. B. den »dominanten Strategen« oder den »sympathischen Macher«, um nur zwei Mischformen aufzuzeigen. Ich muss aber darauf hinweisen, dass eine Identifizierung dieser Typen mit viel Erfahrung verbunden ist.

Nachdem Sie nun Ihren Gesprächspartner (hoffentlich) besser einschätzen können, wenden wir uns wieder dem eigentlichen Thema zu: dem Verkauf Ihrer Firma.

 

Verkäufer und Käufer haben, wie man sich denken kann, vollkommen unterschiedliche Erwartungshaltungen an dieses Erstgespräch.

Um den größtmöglichen Nutzen für beide Seiten zu erzielen, hat sich folgende Gesprächstaktik bewährt:

  • Nach den normalen Anfangsritualen sollte der Käufer das Gespräch eröffnen, indem er sein Motiv darlegt und angibt, warum er Ihr Unternehmen kaufen will.
  • Bei einem Existenzgründer ist die Erläuterung seiner beruflichen Vergangenheit ein weiterer wichtiger Punkt.
  • Diese Fragen geben Ihnen einen tieferen Einblick in die Persönlichkeit des Käufers. Sie können jetzt zum ersten Mal abschätzen, ob Ihr Gegenüber in der Lage ist, das Unternehmen eventuell erfolgreich zu führen.

An dieser Stelle möchte ich aber noch einmal auf den Punkt kommen: »Bilde dir erst dann ein Urteil über deinen Gesprächspartner, wenn er alle Informationen auf den Tisch gelegt hat.«

 

Tipp! Die Ursache dafür, dass man die Fähigkeiten einer Person unterschätzt, liegt in den meisten Fällen nur darin, dass man seine eigenen Fähigkeiten überschätzt!

  • Demzufolge kann ich jedem Verkäufer nur raten: Treffen Sie keine voreiligen Schlüsse! Nachdem also der Kaufinteressent einen Einblick in sein Motiv und seine Qualifikation gegeben hat, sind Sie nun an der Reihe, das Gespräch zu übernehmen.
  • Die Schilderung der Anfänge des Unternehmens ist die beste Gelegenheit, einen vernünftigen Einstieg zu bekommen. Danach sollten Sie ohne Umschweife in das aktuelle Geschäftsgeschehen überleiten.

 

Auch an dieser Stelle sei ein (Warn-)Hinweis gestattet: Unser Kleinhirn, das neben der Steuerung der Motorik auch für die Selektion von Erst-Informationen innerhalb unseres Gehirns zuständig ist, hat nur eine begrenzte Aufnahmekapazität.

 

Das bedeutet, dass ein Zuviel an Informationen zu einem Informations-GAU führt. Stellen Sie sich vor, Sie wollten einen schon bis zum Rand gefüllten Eimer noch weiter mit Wasser füllen. Als Indikator dient hier der Augenkontakt. Wenn Ihr Gesprächspartner diesen nicht mehr hält, sollten Sie Ihren Monolog beenden.

 

Wie Sie bisher vielleicht feststellen konnten, plädiere ich dafür, dass beide Parteien die Möglichkeit haben, ihren persönlichen Werdegang und damit ihre Persönlichkeit darzulegen. Dies ist in vielen Fällen die Basis für ein respektvolles Gesprächsklima, da man davon ausgehen kann, dass beide Parteien in ihrer beruflichen Karriere schon viel erreicht haben. Anhand der Reaktion, wie z. B. interessiertes Nachfragen, kann man sehr gut feststellen, ob die Chemie zwischen Verkäufer und Käufer stimmig ist.

 

Ich möchte davor warnen, dass in dieser frühen Phase über den Kaufpreis verhandelt wird.

Die Gefahr, dass das Gespräch einen unkontrollierten Verlauf nimmt, ist einfach zu groß. Verhandlungen über den Kaufpreis führen zu diesem Zeitpunkt immer zu einer unqualifizierten Diskussion, die keiner unbeschadet übersteht. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gespräch einen negativen Verlauf nehmen wird, ist sehr groß.

Den nächsten Part übernimmt wieder der Käufer. Er wird mit der Frage konfrontiert, ob – und wie – er sich vorstellen kann, dieses Unternehmen zu führen.

 

Hier kann man erkennen, ob der Kaufinteressent das nötige Rüstzeug mitbringt und ob die Basis für weitere Verhandlungen gegeben ist. Es macht überhaupt keinen Sinn, weitere Verhandlungen zu initiieren, wenn an dieser Stelle zu erkennen ist, dass der Kaufinteressent zwar sehr sympathisch, aber sonst für diesen Job nicht geeignet ist. Jeder Verkäufer muss aber auch damit leben, dass der hochkarätige Kaufinteressent seinerseits nach einigen Tagen absagt!

 

Das erste Gespräch sollte nach max. 1-2 Stunden unterbrochen beziehungsweise beendet werden.

Alles, was für eine weitere Meinungsfindung beider Parteien notwendig ist, sollte bis dahin gesagt sein. Jeder kann nun für sich entscheiden, ob er aufgrund der gewonnenen Informationen weitere Verhandlungen anstreben möchte. Längere Verhandlungen zu diesem Zeitpunkt sind nicht zielführend.

 

Zu guter Letzt muss der Rahmen für das nächste Treffen abgesteckt werden. Dazu wird der Interessent aufgefordert, einen Termin zu nennen (»Was meinen Sie, wie lange brauchen Sie für eine Entscheidung?«), und er sollte, falls erforderlich, einen Fragenkatalog entwerfen, der dann beim nächsten Gespräch vom Verkäufer zu beantworten ist.

 

Ansonsten geht es bei dem nächsten Termin darum, dass der Interessent einen Einblick in die detaillierten Unternehmenszahlen erhält, gerne auch im Beisein eines Steuerberaters.

 

Das zweite Gespräch mit einem Interessenten

 

Worauf es jetzt ankommt: Fakten, Fakten, Fakten

Nachdem die Hürde Erstgespräch genommen ist, sollten Sie dieses Gespräch nach 2 - 3 Tagen noch einmal Revue passieren lassen.

 

Es geht darum, dass Sie die Reaktion des Kaufinteressenten anhand seiner Aussagen und Fragen analysieren. Des Weiteren empfehle ich Ihnen, dass Sie sich die Körpersprache und den Tonfall im Nachgang des Gesprächs noch einmal vor Augen halten. Hieraus können Sie ableiten, an welcher Stelle das Gespräch eine Wendung genommen hat beziehungsweise eventuell zu kippen drohte.

 

Eins müssen Sie immer bedenken: Zwischen Ihnen und dem Kaufinteressenten lauern viele Kommunikationsstörungen

  • gedacht ist nicht gesagt …
  • gesagt ist nicht verstanden …
  • verstanden ist nicht einverstanden …

In Anlehnung an Konrad Lorenz (1903 - 89), österreichischer Verhaltensforscher.

 

Ich glaube, besser kann man das Kommunikationsproblem zwischen zwei Menschen, die unterschiedliche Ziele verfolgen, nicht beschreiben.

 

Neben einem möglichen Kommunikationsproblem gibt es noch ein weiteres Problem mit Namen: Verständnis!

Das Problem – Verständnis – rührt daher, dass es immer wieder vorkommt, dass sich zwei Gesprächspartner gegenübersitzen, die vollkommen unterschiedliche Auffassungen über ein Thema haben.

 

Kommt der Kaufinteressent z. B. aus der Konzern-Ecke, können Sie davon ausgehen, dass er von Hause aus nur eine Arbeitsweise kennt: Jeder Vorgang muss dokumentiert werden. Ob es sich nun um eine Personalentscheidung handelt oder um die Bestellung von Büroklammern, alles ist im Nachgang überprüfbar.

Ich erlebe es immer wieder, dass ein Firmeninhaber in einem Anfall von Geschwätzigkeit Dinge in den Raum stellt, die sich bei der ersten Überprüfung in Rauch auflösen.

 

Ein Beispiel: Ein Firmeninhaber prophezeit ein Umsatzwachstum von 20 %.

  • Diese Zahl kann der Firmeninhaber aber mit keinen auf Fakten aufbauenden Unterlagen belegen. Auch hier die Frage: Was meinen Sie, wie bewertet ein Interessent, der solch eine Vorgehensweise nicht gewohnt ist, dieses Verhalten?

Ich gebe Ihnen die Antwort: Entweder wird der Interessent die Verhandlungen abbrechen oder er wird in Zukunft wegen mangelndem Vertrauen jede Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Ich kann Ihnen nur eins sagen: Entspannte Verhandlungen sehen anders aus!

In der Praxis hat das für Sie, den Verkäufer, folgende Konsequenz: Lassen Sie sich zu keiner Aussage hinreißen, die Sie nicht lückenlos nachweisen können!

 

  • Erwähnen Sie niemals Anfragen, die Ihnen als Auftrag in Aussicht gestellt wurden, aber wo es keinen verbindlichen Auftrag gibt.
  • Ein Interessent hört nur das, was er hören will – und das ist: Da liegt ein Auftrag vor!

Da Sie nun wissen, was Sie nicht tun sollten, gehen wir davon aus, dass der Kaufinteressent weiterhin sein Interesse bekundet und um einen weiteren Termin bittet.

Die Grundlage für das zweite Gespräch sollte eine vom Käufer zu erstellende Agenda sein.

Im Normalfall geht es in diesem zweiten Gespräch um folgende Detailinformationen:Kundenstruktur

  • Mitarbeiterstruktur
  • Lieferantenstruktur
  • Bilanzkennzahlen
  • Zukunftsplan
  • Preisverhandlungen

Hier wird noch einmal die Bedeutung des Lang-Exposés sehr deutlich. Im Normalfall sollten die Punkte Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten mithilfe des Lang-Exposés bereits beantwortet worden sein. Durch die Übermittlung der Agenda können Sie sich auf noch offene Fragen vorbereiten.

 

Selbst wenn das Lang-Exposé dem Käufer hinreichende Informationen vermittelt hat, müssen Sie mindestens 1 - 2 zusätzliche Verhandlungsrunden einkalkulieren.

 

Es ist nahezu unmöglich, alle Punkte, die für eine Firmenübernahme von Bedeutung sind, an einem Tag abzuarbeiten. Ansonsten nehmen die Punkte Bilanzkennzahlen, aktuelle BWA sowie die Zukunftsplanung für die nächsten zwei Jahre den größten Raum ein.

 

Für den Fall, dass Sie mit der Interpretation Ihrer Bilanz Probleme haben, kann ich nur empfehlen, zu diesem Gespräch Ihren Steuerberater hinzuzuziehen.

 

Es gibt nichts Schlimmeres als den Hinweis »Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten, da muss ich meinen Steuerberater fragen!«

  • Tipp! Sie sollten sich darauf einstellen, dass jeder Punkt, der in irgendeiner Form mit dem Unternehmen zu tun hat, Raum für Diskussionen bietet.
  • Spätestens hier flacht auch die Sympathiewelle aus dem Erstgespräch deutlich ab.
  • Der Verkäufer will einen maximalen Kaufpreis für seine Firma.
  • Der Käufer hingegen will nur einen minimalen Kaufpreis zahlen. Gegensätze können größer nicht sein!

 

Ist man sich dieser Tatsache bewusst, indem man sich z. B. auf den Stuhl des Käufers setzt, wird man sehr schnell feststellen, dass man genauso vorgehen würde. Aus diesem Grund kann ich nur die Empfehlungen abgeben: Lassen Sie Ihre Bilanzen im Vorfeld von einem Profi auf mögliche Kritikpunkte prüfen.

 

Ihr Steuerberater ist dafür nicht unbedingt der richtige Gesprächspartner, da Sie ihn in eine Art Gewissenskonflikt bringen. Sollte er Sie auf kritische Punkte hinweisen, besteht die Gefahr, dass Sie dies eventuell mit dem Kommentar abtun: »Warum haben Sie mich denn nicht früher auf diese Punkte aufmerksam gemacht?« Was für die Bilanzen gilt, gilt von nun an auch für alle anderen Kriterien.

 

Der Käufer sucht nach allen möglichen Risiken und wenn er sie dann findet, läuft das Taxameter nur in eine Richtung – und die heißt: abwärts!

  • Ich hoffe, dass Ihnen die Dringlichkeit einer optimalen Vorbereitung, insbesondere der Aufdeckung von möglichen Käuferrisiken, bewusst wird.
  • Sie sollten sich darüber im Klaren sein: Fehler in der Vorbereitung sind immer mit einem Preisabschlag beziehungsweise mit einem Verhandlungsabbruch verbunden!

 

Kommen wir nun zu den möglichen Risikofaktoren in Ihrer Firma. Dazu ist es erforderlich, dass man die Hauptpunkte, wie z. B. allgemeine Fragen, Kunden- und Mitarbeiterstruktur und Sie als Inhaber auf mögliche Risikofaktoren überprüft.

 

Ein Selbsttest

Zu den wichtigen allgemeinen Fragen gehört zum Beispiel:

  • Gibt es Genehmigungen oder Verträge mit Kunden oder Lieferanten, die an Ihre Person gebunden sind?
  • Die Klärung dieses Sachverhaltes ist von elementarer Bedeutung! Ich habe es in meiner Praxis schon erlebt, dass der Verkauf einer Firma gescheitert ist, weil eine Genehmigung vonseiten eines wichtigen Händlers nicht vorlag beziehungsweise der Händler nicht bereit war, dem neuen Inhaber eine Genehmigung zu erteilen. Dieser Punkt wird oft mit einem »Da werden wir schon eine Lösung finden« abgetan. Ich kann davor nur warnen!

 

Risikofaktor Kundenstruktur

Das Thema Kundenstruktur ist von großer Bedeutung, wenn Sie im Geschäftskundenbereich (b2b) tätig sind.

Hier sind folgende Punkte als kritisch anzusehen:

  • Umsatz-Abhängigkeit von einem oder einer geringen Anzahl von Kunden. Was auf den ersten Blick positiv aussieht »Wir arbeiten schon seit Jahren mit der Firma zuverlässig zusammen«, wird auf den zweiten Blick negativ ausgelegt. Die Frage »Was passiert, wenn dieser Kunde wegfällt?« kommt mit 100 % Sicherheit. Eine positive Antwort ist mir bisher noch nicht untergekommen. Konkret: Sollten Sie mit max. 25 % Ihrer Kunden 50 % Ihres Umsatzes generieren, ist dies ein Risiko, das nur sehr wenige Käufer eingehen werden! Es sei denn, Ihr Kunde steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Ihnen.
  • Auch in der Frage »Wie viele Kunden haben Sie in den letzten zwei Jahren verloren?« liegt viel Brisanz. Dies zeigt unter Umständen, dass Ihre Kunden mit Ihrer Leistung nicht zufrieden waren!
  • Haben Sie sich schon einmal überlegt, warum Ihre Kunden bei Ihnen kaufen?
  • Da es heute bis auf wenige Ausnahmen keine Stammkunden mehr gibt, sollten Sie auf die Frage »Was machen Sie besser als Ihre Mitbewerber?« eine klare Antwort haben!

Risikofaktor Marktentwicklung

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung für die nächsten 2 - 3 Jahre ein?

  • Wenn Sie ein Existenzgründer nach Ihrer Markteinschätzung fragt, können Sie davon ausgehen, dass Ihr Gesprächspartner sich über das Internet bestens informiert hat.
  • Daher ist eine objektive Einschätzung der Marktentwicklung aus Ihrer Sicht von zentraler Bedeutung. Anhand Ihrer Einschätzung kann der Kaufinteressent ableiten, ob Sie am Markt agieren oder nur reagieren.

Risikofaktor Personal

Wie sieht die Altersstruktur in Ihrer Firma aus?

  • Im Zuge der demografischen Entwicklung ist dieses Thema ein ausschlaggebender Faktor. Wie viele Ihrer Mitarbeiter gehen in den nächsten 3 - 5 Jahren in den Ruhestand? Ihr Unternehmen ist unverkäuflich, sollte das auf einen großen Anteil Ihrer Mitarbeiter zutreffen!

Wie sieht der Krankenstand in Ihrer Firma aus?

Die Frage nach dem Krankenstand lässt unmittelbar auf das Betriebsklima schließen.

  • Hier gilt: Ein hoher Krankenstand ist Indiz für Demotivation und Abwanderungsgedanken. Ein neuer Inhaber würde diesen Prozess nur noch verstärken.

Wie sieht die Kündigungsquote in Ihrer Firma aus?

Dieser Punkt ist im Prinzip das Ergebnis eines hohen Krankenstandes.

  • Ein Unternehmen mit einer Kündigungsquote von mehr als 20 % ist nur in bestimmten Branchensegmenten zu verkaufen!

Wie sieht es mit dem Thema Mitarbeiter-Know-how aus?

Das Thema wird immer mit einer weiteren Frage verknüpft: »Wie viele Know-how-Träger sind im Unternehmen, und wie können diese Leistungsträger an das Unternehmen gebunden werden?«

 

Sie, der Inhaber als Risikofaktor

Welchen Führungsstil pflegen Sie?

  • Gibt es in Ihrer Firma eine klare Aufgabenverteilung?
  • Es sind wie immer die einfachen Fragen eines Interessenten, die einen in Verlegenheit bringen können. Die Antwort auf die
  • Frage »Können Sie vierzehn Tage ohne Bedenken in Urlaub fahren?« hat schon so manchen Verkauf zum Scheitern gebracht.

Wer ist für die Kundenbetreuung in Ihrer Firma zuständig?

Auch dieser Punkt kann sich zum K.-o.-Faktor entwickeln.

  • Kundenbeziehungen, die auf den persönlichen Kontakt des Inhabers aufbauen, sind ein Risiko, bei dem jeder Kaufinteressent im Geiste »nein, danke« sagt.
  • Versäumen Sie es als Inhaber nicht, Ihre persönlichen Kundenkontakte frühzeitig in Mitarbeiterhände zu übergeben.

Wie viel Zeit haben Sie für den Verkauf und für die Übergabe Ihrer Firma eingeplant?

Der Verkauf einer Firma ist eine Sache, die Übergabe eine andere.

  • Hier gilt ein ungeschriebenes Gesetz: Ein Verkauf ohne eine garantierte Einarbeitung findet nicht statt. Je besser die Vorbereitung und Planung, umso schneller die Übergabe.

Risikofaktor betriebswirtschaftliche Kennzahlen

Spätestens jetzt wird jede betriebswirtschaftliche Kennzahl von einem Kaufinteressenten einer Prüfung unterzogen.

  • Es kommt häufig vor, dass ein Kaufinteressent diese Aufgabe von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vornehmen lässt. In einzelnen Fällen wird der Käufer bitten, die Unterlagen zur Prüfung mitnehmen zu dürfen.
  • Unabhängig davon sollten Sie, falls nicht schon geschehen, alle Kosten in Ihrer Bilanz, die Sie unter dem Punkt „nicht betriebsnotwendige Ausgaben“ deklariert haben, anhand der Summen- und Saldenliste 1:1 offenlegen. Dass Sie in dem Moment ein gewisses Risiko eingehen, muss Ihnen klar sein!

 

In der gewissenhaften Vorbereitung des zweiten Termins liegt der Erfolgsschlüssel schlechthin.

  • Der Kaufinteressent wird aufgrund dieses Gespräches eine grundlegende Kaufentscheidung treffen. Im Zusammenhang mit dem Komplex Risikoermittlung möchte ich Sie schon einmal auf den Fragenkatalog im Kapitel 6 hinweisen. Meine Empfehlung: Beantworten Sie jede Frage wahrheitsgemäß.
  • Ein Schönreden oder Schöndenken macht überhaupt keinen Sinn. Gehen Sie davon aus, dass der Kaufinteressent jede Leiche im Keller finden wird. Sollten Sie bei einer Beantwortung des Fragenkataloges feststellen, dass noch einiges im Unreinen ist, dann müssen Sie diese Punkte zuerst korrigieren und erst danach mit dem Verkaufsprozess starten!

 

Das Kaufmotiv des Käufers

 

Kommen wir zum nächsten Punkt: Dem Kaufmotiv des Käufers. So wie jeder Firmeninhaber ein Motiv hat, seine Firma zu verkaufen, hat auch der Käufer ein Motiv, das ihn antreibt.  Wenn wir von einem Käufermotiv reden, dann reden wir von demselben limbischen System, das auch den Verkäufer unbewusst zu seiner Entscheidung führt. Es geht nur darum, sich die Sichtweise oder besser gesagt das Entscheidungszentrum des Käufers vor Augen zu führen.

Hier gilt die einfache Regel:

 

Kein Mensch kauft sich einen Porsche, nur um Auto zu fahren!

Genauso wenig kauft jemand eine Firma, nur um Geld zu verdienen.

 

Die wahren Motive sind z. B.:

  • Wunsch nach Anerkennung,
  • Macht- und/oder Geltungsbedürfnis
  • sowie das Streben nach Selbstverwirklichung.

Diese Erkenntnis bedeutet: Wenn Sie es schaffen, das Kaufmotiv des Interessenten anzusprechen, erhöhen sich Ihre Erfolgsaussichten um ein Vielfaches. Wenn Sie hingegen das emotionale Kaufmotiv des Käufers nicht ansprechen, sind alle Verhandlungen wertlos! So einfach ist das!

Im Grunde genommen gibt es drei (Haupt-)Motive, die jeden Menschen zu einer Handlung antreiben:

  • • Was verschafft mir Macht?
  • • Was verschafft mir Sicherheit?
  • • Was verschafft mir neue Reize?

Daneben existieren noch die Grundbedürfnisse: Essen, Schlaf und Sex.

 

In der Konsequenz bedeutet das für Sie:

  • Seien Sie sich der emotionalen Brisanz der Kaufverhandlungen bewusst.
  • Es geht nicht ums Geldverdienen. Geldverdienen ist immer das Pseudo-Motiv!
  • Lokalisieren Sie die individuellen Kaufmotive des Käufers.
  • Sprechen Sie das Haupt-Motiv an. Obwohl alle drei Motive (Macht, Sicherheit, Reize) angesprochen werden, gibt es fast immer ein Haupt-Motiv, das den Käufer antreibt.

Ich gehe davon aus, dass Sie ansonsten mit den Ritualen normaler Verkaufsverhandlung vertraut sind.

Bei näherer Betrachtung ist eine Verkaufsverhandlung mit einer Sinuswelle identisch: Nach einem Verhandlungs-Tief folgt ein Verhandlungshoch – oder der Verhandlungsabbruch.Kalkulieren Sie das ein!

 

Wenn Sie bisher alles richtig gemacht haben, dann gibt es keinen triftigen Grund, Ihr Unternehmen unter Wert zu verkaufen.

Im Grunde genommen dreht sich vermeintlich alles nur um eins: den Kaufpreis, was aber – wie wir nun wissen – zweitrangig ist. Was Sie bei der Kaufpreisfindung berücksichtigen sollten:

  • Kalkulieren Sie einen Preispuffer ein. Die Höhe des Puffers sollte unter der Voraussetzung, dass bei Ihnen alles im grünen Bereich ist, maximal 10 % betragen. Ich betone deshalb 10 %, weil jede höhere Prozentzahl Ihr ursprüngliches Preisangebot unseriös aussehen lässt.
  • Ich garantiere Ihnen, dass ein höheres Entgegenkommen weitere Preisverhandlungen nach sich zieht. Auch aus diesem Grund ist eine realistische Einschätzung des Kaufpreises wichtig.
  • Der Käufer muss um den Preisnachlass kämpfen! Eine Preisverhandlung, die aus der Sicht des Käufers zu leicht läuft, weckt augenblicklich Skepsis und führt immer zu weiteren Preisverhandlungen. Sie müssen derjenige sein, der die Preisverhandlungen beendet! Glauben Sie mir, ein freundliches, aber bestimmtes »Nein, jetzt ist Schluss« hat noch keinen ernsthaften Interessenten vom Verhandlungstisch verscheucht. Das Gegenteil ist der Fall!

 

Spezial-Verhandlungstaktiken

Bevor wir uns aber mit dem weiteren Verlauf der Verhandlungen beschäftigen, möchte ich zwei Käufer-Spezies beschreiben, die durch teilweise sehr ungewöhnliche Strategien auffallen.

 

Strategie: »Gut Freund«

Mit dieser Vorgehensweise zielt der Käufer darauf ab, Sie in Sicherheit zu wiegen. Dies bedeutet, es finden nahezu keine Preisverhandlungen statt und überdies: Alles ist easy, kein Problem!

Mit dieser Vorgehensweise erwischt Sie der Käufer mit »voller Breitseite!«

  • Sie sind begeistert von der Person des Käufers »Was für ein toller Typ.«
  • Sie sind glücklich »Ich brauchte überhaupt nicht zu handeln.«
  • Sie planen bereits die Zeit danach »Als Erstes mache ich Urlaub.«

Seien Sie auf der Hut. Dieser Käufertyp plant jeden seiner Schritte.

Er versetzt Sie mit seiner positiven Erscheinungsweise in eine ebenfalls positive Erwartungshaltung. Um fünf vor zwölf – sehr häufig einen (!) Tag vor dem Notartermin – endet dieses freundliche Miteinander, indem er verkündet: »Ich habe mir das Ganze noch einmal überlegt. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, der Preis ist viel zu hoch!«

Sie haben nun zwei Möglichkeiten.

  • 1. Sie brechen die Verhandlungen sofort ab. Ihr Tenor: »Der Typ soll mir nicht mehr unter die Augen kommen.«
  • 2. Sie steigen auf das zweite – viel niedrigere – Angebot ein. Begründung: »Ich habe die Koffer praktisch schon gepackt und habe keine Lust, diesen Prozess noch einmal durchzuziehen.«

Aus der Praxis: Ein Mandant, der nach seinem gescheiterten Erstversuch im zweiten Anlauf meine Hilfe in Anspruch genommen hatte, berichtete mir, dass der Käufer beim Notartermin aus heiterem Himmel den Preis ohne Angabe von Gründen um die Hälfte senken wollte!

 

Mein Mandant brach daraufhin die Verhandlungen ab.Wenn jemand ohne (ernsthafte) Preisverhandlungen Ihre Preisvorstellung akzeptiert und auch ansonsten alles im Lot ist, dann rate ich zur Vorsicht. In solch einem Fall empfehle ich einen Vorvertrag.

  • In diesem Vertrag müssen alle relevanten Daten erfasst sein. Zum Beispiel, dass der Kaufpreis an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, die Käufer und Verkäufer gemeinsam erarbeiten.
  • Dafür wird dem Käufer ein zeitlich befristetes Vorkaufsrecht eingeräumt.
  • Als Gegenleistung verpflichtet sich der Käufer zu einer Vertragsstrafe, falls er das Unternehmen nicht kauft! 

Strategie: »Ein Versuch ist nicht strafbar.«

Kommen wir nun zum zweiten Ausnahme-Käufer-Typ.

Sie können hier folgendes Muster beobachten: Der Kaufinteressent bringt zu dem vereinbarten zweiten Termin einen guten Bekannten, Mitarbeiter oder Berater mit, der über profunde Kenntnisse verfügt, wenn es um Firmenbewertungen geht.

 

Nach dem üblichen Begrüßungsritual übernimmt der gute Bekannte die Gesprächsführung und kommt unmittelbar auf den Punkt: den Kaufpreis. Also kein Vorgeplänkel, sondern sofort Frontalangriff!

Meistens erfolgt dieses Gespräch nach folgendem Muster:

  • »Also, ich habe mir Ihre Zahlen angesehen.«
  • »Und?«
  • »Der Preis, den Sie für Ihre Firma haben wollen, ist viel zu hoch.«
  • »Wie begründen Sie das?«
  • »Es gibt extrem viele Unwägbarkeiten, die ein großes Risiko darstellen. Aus diesem Grund ist der Kaufpreis in der Höhe nicht darstellbar.
  • Wenn ich an der Stelle meines Freundes (des Käufers) wäre, würde ich maximal die Hälfte des Preises bezahlen.«
  • »Das kommt überhaupt nicht infrage!«

Soweit die Kurzbeschreibung dieser Taktik.

Wir haben es hier im Grunde genommen mit einer Variante des Spiels »good boy – bad boy« zu tun.

 

Der (gute) Käufer wäscht seine Hände in Unschuld, indem er den (bösen) Freund als Vorgruppe auf die Verhandlungsbühne schickt.

Diese Strategie verfolgt zwei Ziele:

  1. Der Käufer will – aus seiner Sicht verständlich – den geringstmöglichen Preis bezahlen und sehen, wie Sie auf diese Finte reagieren. Im günstigsten Fall kommt er mit dieser Taktik durch!
  2. Mit der Nennung eines niedrigen Preises setzt der Käufer einen (niedrigen!) Preisanker beim Verkäufer. Demzufolge wird der Firmeninhaber jede Preiserhöhung – und sei sie auch noch so gering – als eine Verbesserung ansehen.

Wie Sie erkennen können, hat dieses Vorgehen für den Käufer nur Vorteile.

Aber auch hier haben Sie zwei Möglichkeiten, wie Sie reagieren können:

  1. Ihr Blutdruck geht durch die Decke und Sie brechen die Verhandlungen sofort ab.
  2. Sie bleiben gelassen und geben Ihrem Gesprächspartner zu verstehen, dass Sie seiner Einschätzung nicht folgen können.

Was dann passiert ist in vielen Fällen eine Argumentation, die nicht auf Fakten aufbaut, sondern auf Vermutungen. Es werden z. B. Horrorszenarien aufgezählt, die mit der Realität nichts zu tun haben (»Und wenn morgen 50 % aller Kunden wegbrechen?«).

  • Diese Diskussion können Sie schnell beenden, indem Sie auf diese Argumente überhaupt nicht eingehen und stattdessen die Verhandlungen als beendet erklären.
  • Spätestens jetzt meldet sich auch wieder der Käufer zu Wort. In 99 % aller Fälle folgt dann der Satz »Sie müssen auch für meine Situation Verständnis haben, aber lassen Sie uns über das Ganze noch einmal reden.«

Der Versuch, den Kaufpreis um die Hälfte zu senken, ist nicht strafbar. Sie würden vielleicht genau so handeln.

Zeigen Sie Profil. Je gelassener Sie darauf reagieren, desto stärker wird Ihre Position! Als Zeitfenster für den zweiten Termin sollten Sie 4 – 5 Stunden einplanen.

Bitte bedenken Sie: Ein Gespräch über diesen Zeitraum ist Schwerstarbeit. Ihre volle Konzentration ist für solch ein Gespräch die Grundvoraussetzung. Sollten Sie also angeschlagen sein, z. B. durch eine Erkältung, verschieben Sie den Termin.

 

Der Teufel steckt im Detail

Fassen wir noch einmal zusammen. Die bisherigen Verhandlungen zeigen, dass der Kaufinteressent weiterhin an einem Kauf Ihrer Firma interessiert ist!

 

Die Absichtserklärung (LOI – Letter of intent)

Wenn sich an dieser Stelle Verkäufer und Käufer weitestgehend einig sind, wird sehr häufig eine Absichtserklärung vereinbart. In Fachkreisen spricht man von einem LOI, einem Letter of intent.

Zuerst das Negative: Die Absichtserklärung ist rechtlich unverbindlich!

 

Die Parteien werden sich aber durch ihre Unterschrift unter solch einem Dokument der Bedeutung der Transaktion viel bewusster.

Eine Kaufabsichtserklärung kann z. B. folgende Punkte enthalten:

  • eine Exklusivitätsklausel für den Käufer
  • Zusammenfassung der Gesprächsergebnisse
  • Nennung und Zeiterfassung für die noch zu beantwortenden Punkte
  • Herausgabe von Dokumenten, die bisher nur anonymisiert vorlagen
  • Beendigungsgründe für die laufenden Verhandlungen

Wichtig! Ein LOI ist eine Art Verlobung. Aber es ist wie im richtigen Leben, ob es zu einer Hochzeit kommt, steht noch nicht fest!

 

Damit der Käufer nun auf die Zielgerade einbiegen kann, will er die bisher gemachten Aussagen prüfen und bewerten. Nun, was heißt das? Prüfen und bewerten bedeutet nichts anderes, als dass jetzt zu allen Punkten, wie sie im LOI verfasst wurden, belastbare Unterlagen auf den Tisch kommen. Der Kaufinteressent möchte Ihre Firma live kennenlernen. Konkret: Er verlangt unter Umständen den Einblick in Ihr Tagesgeschäft.

Stichwort: Transparenz!

Für dieses Prozedere gibt es wieder zwei Möglichkeiten der Umsetzung:

  • 1. Sie teilen Ihren Mitarbeitern mit, dass Sie Ihre Firma verkaufen wollen und präsentieren den Interessenten schon als Käufer. Risiko: Was machen Sie, wenn der Kauf, aus welchen Gründen auch immer, doch nicht stattfindet?
  • 2. Da Sie keine unkalkulierbare Stimmung in Ihrer Belegschaft haben wollen, präsentieren Sie den Kaufinteressenten als Unternehmensberater.

Risiko: Sie, wie auch der Kaufinteressent, müssen sich zu jeder Zeit dieser Rolle bewusst sein. Gelangt ein falsches Wort zum falschen Zeitpunkt in das falsche Ohr, kann das ungeahnte Folgen haben.

 

Beschäftigen wir uns nun mit der Endphase (in Fachkreisen spricht man von der von mir bereits angesprochenen Due-Diligence-Prüfung).

 

Jeder Käufer, der bis hierher gekommen ist, will nun Einsicht in alle Geschäftsbereiche, die von Relevanz sind. Dies schließt z. B. ein, dass Sie alle bisher anonymisierten Unterlagen mit Ross und Reiter benennen müssen, wie z. B.:

  • detaillierte Umsatz- und Ertragszahlen Ihrer Kunden
  • detaillierte Umsatzentwicklung Ihrer Lieferanten
  • eine namentliche Mitarbeiterliste
  • bei Kapitalgesellschaften: Einsicht in die Gesellschafter- und Darlehnsverträge
  • bei Vermietung: Kopie des Mietvertrages
  • Zeitwert des Anlagevermögens
  • Auflistung des Fuhrparks (Alter, km-Leistung, Verkehrswert)
  • aktuelle Waren-/Lagerbestandsliste
  • bei Immobilienverkauf: ein aktuelles Wertgutachten
  • Kopien von Service-, Lieferanten- und Leasingverträgen

 

Aus der Sichtung der Unterlagen wird sich für den Käufer die eine oder andere Frage auftun. Bei größeren Transaktionen ist es üblich, dass der Käufer diese Aufgabe von einem Spezialisten vornehmen lässt.

 

Ich erlebe es immer wieder, dass an dieser Stelle die Geduld des Verkäufers strapaziert wird und er teilweise konsterniert die Ernsthaftigkeit des Käufers infrage stellt. Getreu dem Motto: »Darüber haben wir doch schon wiederholt gesprochen.« In dieser Situation sollten Sie sich folgende Tatsachen vor Augen halten: Behandeln Sie den Käufer und das von ihm aufgezeigte Problem getrennt voneinander.

 

Fakt ist: Der Kaufinteressent, der bis hierher gekommen ist, will Ihre Firma kaufen. Das von Ihnen als Problem geäußerte Verhalten (das haben wir doch schon alles geklärt) beruht auf Ihren subjektiven und emotionalen Einschätzungen, die – und das muss Ihnen klar sein – für den Käufer irrelevant sind. Aus dieser Tatsache leitet sich der nächste Punkt ab.

 

Konzentrieren Sie sich auf gemeinsame Interessen und nicht auf unterschiedliche Positionen.

Da das gemeinsame Ziel eine reibungslose Firmenübergabe ist, sollten Sie alles diesem Ziel unterordnen. Konkret: Wenn der Käufer noch Fragen hat, beantworten Sie die Fragen einfach, ohne zu lamentieren. Jede Diskussion um Positionen, die Sie jetzt führen, gefährdet Ihren Erfolg.