Anhand einiger Beispiele zeige ich Ihnen wie ein Firmenwert für KMU berechnet wird
Aus der Vielzahl der Bewertungsmethoden, die im Zuge einer Firmenwert-Ermittlung angewendet werden, hat sich im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen
(KMU) das Ebit-Multiple-Verfahren durchgesetzt hat. Parallel dazu kommt in wenigen fällen noch das Substanzwertverfahren zum Einsatz.
Wichtig!
Wenn man eine Firmenbewertung nur anhand der wirtschaftlichen Kennzahlen vornimmt, dann erhält man einen rein
mathematischen und damit theoretischen Firmenwert. Dieser theoretische Firmenwert sagt über die Verkaufbarkeit des Unternehmens
nichts aus!
Unabhängig davon erkläre ich Ihnen anhand eines Beispiels, wie ein (theoretischer) Firmenwert ermittelt
wird.
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Die Grundlage hierfür ist ein sogenanntes Ebit-Multiple-Verfahren. Bei einem Ebit-Multiple-Verfahren werden die Gewinne der letzten drei Jahre und die Gewinne
der nächsten zwei Jahre als Berechnungsgrundlage herangezogen.
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Hierbei geht es schlicht und ergreifend nur um die Position: Gewinn Ihrer Firma vor Zinsen und Steuern. In der Bilanz ist das die Position innerhalb der G &
V -> Ergebnis des gewöhnlichen Geschäftsergebnisses. In der BWA ist das die Position -> Betriebsergebnis.
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Im nächsten Schritt werden dann die Gewinnzahlen addiert und durch die Anzahl der Jahre dividiert. Die errechnete Quersumme wird dann mit einem
branchenspezifischen Hebel multipliziert. Der Hebel für KMU liegt zwischen 3,5 und 6.
Wichtig! Bevor man die Gewinnzahlen vor Zinsen und Steuern in eine Berechnungsmatrix einfügt, sollte man eine sogenannte Bilanzbereinigung
vornehmen.
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Eine Bilanzbereinigung ist nichts anderes, als dass man alle Kosten, die für den neuen Inhaber nicht anfallen, dem Gewinn hinzuaddiert (Kaufpreiserhöhung). Das
kann zum Beispiel ein Firmenwagen sein, der überwiegend privat genutzt wurde.
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Im Gegenzug müssen natürlich alle Kosten, die für den neuen Inhaber zusätzlich anfallen, vom Gewinn abgezogen werden (Kaufpreisminderung).
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Hier fallen zum Beispiel Mietkosten drunter, wenn der Inhaber in seiner eigenen Immobilie gearbeitet hat und keine Miete zahlen musste. Bei einem Verkauf des
Unternehmens kommen dann auf den neuen Inhaber entsprechende Mietkosten zu.
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Als letzter Punkt spielt die Gesellschaftsform eine entscheidende Rolle. Handelt es sich um eine Einzelunternehmung, dazu gehört auch eine GBR, OHG oder KG, muss
von dem Firmenwert noch ein branchenübliches Jahresgehalt für einen Geschäftsführer berücksichtigt und in Abzug gebracht werden.
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Bei einer Kapitalgesellschaft (GmbH oder AG) wird das in der Bilanz ausgewiesene Geschäftsführergehalt in Relation zu einem branchenüblichen Gehalt gestellt. Die
Differenz des Gehaltes wird dann dem Firmenwert entweder hinzuaddiert oder abgezogen.
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Bei dieser Bewertungsmethode, werden weder das Anlagevermögen noch irgendwelche immateriellen Firmenwerte (Know-how, Kundenstamm oder Name/Ruf des Unternehmens)
berücksichtigt. Das Ebit-Multiple-Verfahren wird sehr gerne von Banken zur Bewertung herangezogen, da dies eine einfache Methode ist, um eine Rückführung eines Kredites für den Käufer zu
berechnen.
Eine weitere sehr gerne angewendete Methode ist das sogenannte Substanzwertverfahren.
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Unter einem Substanzwertverfahren versteht man die Ermittlung eines Unternehmenswertes anhand der vorhandenen Substanz wie z. B. Anlagevermögen, Inventar,
Warenbestand und Immobilien. Hier muss man der Ordnung halber darauf aufmerksam machen, dass dieses Verfahren im Grunde genommen nur ein Ausverkauf des Anlagevermögens und des Warenbestandes
ist.
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Ein Wert, bezogen auf vergangene oder zukünftige Umsätze und Gewinne, findet hier keine Berücksichtigung!
In der Regel findet mittlerweile eine Kombination zwischen einem Ebit-Multiple-Verfahren und einem Substanzwertverfahren statt, d. h., dass bei einem Unternehmen mit
hohem Anlagen- oder Warenbestand (Maschinenbau oder Handelsunternehmen) entsprechende Werte berücksichtigt werden und mit in die Kaufpreisfindung einfließen. Unabhängig davon ist, wie bereits
mehrfach erwähnt, eine entsprechende positive Zukunftsfähigkeit des Unternehmens die Grundvoraussetzung für einen Verkauf.
Hier einige Beispielen wie ein Firmenwert / Verkaufspreis ermittelt wird
Ermittlung des Firmenwertes anhand des Ebit-Multiple-Verfahrens und einer Bilanzbereinigung
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Schritt 1: Das Ebit-Multiple-Verfahren erfolgt auf Basis der vergangenen und zukünftigen Gewinne vor Zinsen und Steuern und unter Berücksichtigung individueller
Branchenspezifikationen.
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Info: Die Multiplikatoren werden jeden Monat anhand von Branchenentwicklungen aktualisiert und sind auf der Webseite »www.dub.de/kmu-multiples/« abrufbar.
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Schritt 2: Darüber hinaus muss die Bilanz um die Faktoren bereinigt werden (+/-), die für den operativen Geschäftsverlauf nicht relevant sind.
Dabei werden Sie feststellen, dass der ausgewiesene, offizielle Gewinn auf den ersten Blick in vielen Fällen nur die halbe Wahrheit verrät. Erst die Analyse der Bilanz zeigt, wie das Unternehmen
im Detail dasteht.
Da es im ersten Schritt nur um die Ermittlung der Gewinnsituation aus dem operativen Geschäft geht, lassen wir die Details der Bilanz an dieser Stelle noch unberücksichtigt.
Für eine Personengesellschaft/Einzelfirma ergibt sich folgende Formel:
- Gewinn vor Zinsen und Steuern
- + nicht betriebsnotwendige Ausgaben (z. B. Pkw der Ehefrau)
- + Kosten für einmalige Sonderausgaben (z. B. Beratungskosten)
- - Unternehmerlohn (bei einer Personengesellschaft)
- (x) branchenspezifischem Faktor (Faktor für KMU: 3 bis 6)
- = Kaufpreiskorridor
Und jetzt gehen wir von der Theorie in die Praxis.
Anhand von einigen Beispielen möchte ich Ihnen aufzeigen, wie sich gewisse Faktoren auf den Kaufpreis auswirken.
Hierzu nehmen wir eine fiktive Musterfirma:
- Firmenbeschreibung: Unternehmen aus dem Bereich Metallverarbeitung
- Mitarbeiter: 10
- Gesellschaftsform: Personengesellschaft
- Umsatz: 1,5 Mio.
- Gewinn vor Zinsen und Steuern: 175.000 €
- Branchenspezifischer Multiplikator für die Ermittlung des Firmenwertes/Verkaufspreises: 3,5 – 4,5
- Beispiel 1: Kaufpreis-Ermittlung auf neutraler Basis
Basis-Berechnung:
- Gewinn vor Steuer und Zinsen: 175.000 €
- Unverbindlicher Kaufpreisfaktor 3,5 x 175.000 629.000 €
- Unverbindlicher Kaufpreisfaktor 4,5 x 175.000 787.500 €
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Möglicher Kaufpreis (unverbindlich) ca. 700.000 €
An dieser Stelle muss ich betonen, dass jede Ermittlung eines Kaufpreises auch subjektiven Kriterien unterliegt. Sie erfolgt grundsätzlich unter neutraler Bewertung, nach bestem Wissen und
Gewissen der beratenden Firma, jedoch ohne Rechtsverbindlichkeit. Insbesondere können sie nicht als Grundlage für Rechtsansprüche jeglicher Art verwendet werden.
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Beispiel 2: Reduzierung des Kaufpreises durch Kostenbereinigung
- Da es sich bei diesem Beispiel um eine Personengesellschaft handelt, muss vom Gewinn ein Unternehmerlohn abgezogen werden (= 50.000 €).
- Des Weiteren wird eine (fiktive) Halbtagsstelle abgezogen, die zurzeit von der Ehefrau unentgeltlich besetzt wird (= 15.000 €).
- Da das Gebäude Eigentum und bezahlt ist, muss der Gewinn um die Summe reduziert werden, die der zukünftige Käufer als (fiktive) Miete bezahlen muss (= 35.000 €).
Berechnung
Gewinn vor Steuer und Zinsen: 175.000 €
In Abzug zu bringende Kosten:
- Unternehmerlohn 50.000 €
- Halbtagsstelle 15.000 €
- Miete 35.000 €
- In Abzug zu bringende Kosten gesamt: 100.000 €
- Gewinn nach Abzug der Kosten: 75.000 €
- Unverbindlicher Kaufpreisfaktor 3,5 x 75.000 262.500 €
- Unverbindlicher Kaufpreisfaktor 4,5 x 75.000 337.500 €
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Möglicher Kaufpreis (unverbindlich) ca. 300.000 €
Im Vergleich zu einer neutralen Betrachtung, hat sich der Firmenwert / Kaufpreis nun mehr als halbiert!
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Beispiel 3: Erhöhung des Kaufpreises durch Kostenbereinigung
Auf der Plus-Seite kann der Unternehmer folgende – fiktive – Positionen aufführen:
- + Kfz-Kosten für Firmen-Pkw, der privat genutzt wird. Leasing, Steuer, Benzin (20.000 €)
- + private Gebäudenebenkosten, die über die Firma abgerechnet werden (5.000 €)
- + Sonderausgabe: Rechtsanwaltskosten (5.000 €)
- + Sonderausgabe: Beraterhonorar (10.000 €)
Berechnung:
Gewinn vor Steuer und Zinsen: 175.000 €
Nicht betriebsnotwendige Ausgaben:
- Private Pkw-Nutzung + 20.000 €
- Private Gebäudenebenkosten + 5.000 €
- Sonderausgabe: Rechtsanwaltskosten + 5.000 €
- Sonderausgabe: Beraterhonorar + 10.000 €
- Nicht betriebsnotwendige Ausgaben, gesamt: 40.000 €
- Gewinn bereinigt: 215.000
- Unverbindlicher Kaufpreisfaktor: 3,5 x 215.000 752.500 €
- Unverbindlicher Kaufpreisfaktor: 4,5 x 215.000 967.500 €
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Möglicher Kaufpreis (unverbindlich) ca. 860.500 €
Wenn es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt, dann hat das Geschäftsführergehalt des Inhabers Einfluss auf den Gewinn.
- Ist das branchenübliche Gehalt niedriger als das Geschäftsführergehalt des Inhabers (GF-Gehalt: 100.000 €, branchenübliches Gehalt: 60.000 €), wird die Differenz zum Gewinn zuaddiert (+
40.000 €)..
Wichtig!
Bei einem Share Deal (Verkauf von Geschäftsanteilen), der in der Regel bei Kapitalgesellschaften angewendet wird, werden die Posten Verbindlichkeiten (-) und Forderungen (+) gegengerechnet. Diese
Gegenrechnung erfolgt nach der Kaufpreisfindung!
Ein Beispiel:
- Kaufpreis 459.000 €
- Verbindlichkeiten: z. B. Lieferanten, Darlehen, Steuern –159.000 €
- Zwischensumme: 300.000 €
- Forderungen: z. B. Bank- und Kassenbestand, Einlagen +100.000 €
- Zu zahlender Betrag: 400.000 €
Wichtig!
- Die Bereinigung der Kennzahlen hat in den meisten Fällen eine signifikante Auswirkung auf den Verkaufspreis.
- Nicht betriebsnotwendige Ausgaben sind ein heikles Thema. Der kurzfristige finanzielle Vorteil kann sich bei einem Firmenverkauf sehr schnell ins Negative umwandeln. Sie stehen vor der Wahl:
Sie kalkulieren eine Reduzierung des Kaufpreises ein oder Sie offenbaren Ihre »Kavaliersdelikte« einer Person, die Sie nicht näher kennen!
- Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste! Soll heißen, ohne eine unterzeichnete Geheimhaltungsvereinbarung sollten Sie keine Unterlagen herausgeben.